Der Sinn des Lebens: Bewusste Evolution

 Steve Pavlina & Stephan Schubert·

Der Sinn des Lebens (6-teilige Serie)

Das ist der sechste und letzte Teil der Artikelserie. Alle Artikel auf einen Blick:

  1. Einleitung
  2. Wie sollen wir leben?
  3. Seinen Zweck finden
  4. Vom Zweck zur Tat
  5. Der Übergang
  6. Bewusste Evolution

In diesem letzten Artikel der “Sinn des Lebens”-Reihe, werde ich versuchen, einen breiteren Überblick darüber zu geben, warum persönliche Entwicklung so wichtig ist und warum ich glaube, dass jedes Investment in das eigene Wachstum das beste Investment ist, dass man machen kann.

Bewusste Evolution

Wenn ich das Wort “Evolution” verwendet habe, um meine Weltanschauung zu beschreiben, dann meinte ich das nicht im biologischen Sinne (natürlichen Auslese, Zucht und Mutation). Einige Leute haben sich anscheinend etwas darauf versteift. Ich habe die allgemeinere Definition von Evolution gemeint: Ein Prozess, bei dem sich etwas schrittweise verändert und eine neue Stufe erreicht, vorzugsweise eine höher entwickelte oder reifere Stufe.

Das schließt die Evolution der Gedanken, der Gesellschaft, des Wissens und der Fähigkeiten des Lebens ein—die Evolution der Noosphäre sogar mehr, als die Evolution der Biosphäre. Die Noosphäre ist unser kollektives Wissen und unsere Weisheit. Sie entwickelt sich heutzutage weit schneller als jedes biologische Gebilde. Genaugenommen schreitet die fortwährende Evolution der Menschen so langsam voran, dass sie, verglichen mit der Geschwindigkeit, mit der sich die Noosphäre entwickelt, praktisch irrelevant ist. Unsere Biologie hat sich in den letzten 1000 Jahren kaum verändert, aber unsere Technologie und unser Wissen haben sich massiv weiterentwickelt.

Also wenn ich gesagt habe, dass ich dem Prozess der Evolution dienen möchte, dann meinte ich das nicht im biologischen Sinn—die biologische Evolution ist zu langsam und ist größtenteils irrelevant geworden. Wenn sich die biologische Evolution der Menschen fortsetzt, dann passiert es eher durch Auswahl, als durch einen über Äonen andauernden Prozess von Zucht und Mutation. Aber was jetzt wichtig ist, ist die Evolution der Noosphäre.

Aber was ist mit der Biosphäre?

Der Planet ist bezogen auf die Umwelt in einem schlechten Zustand—dem stimme ich zu. Aber wir können es uns nicht leisten, auf eine biologische Evolution zu warten, die diese Probleme löst. Wenn wir das machen, dann werden die Menschen höchstwahrscheinlich ausgestorben sein, bevor wir die Chance haben, uns zu etwas Besserem weiterzuentwickeln. Einige Experten behaupten, dass die Umwelt in einem so schlechten Zustand ist, dass wir es nicht mehr bis zum Ende dieses Jahrhunderts schaffen werden … das der destruktive Prozess, den wir in Gang gesetzt haben, bereits irreversibel ist, selbst wenn wir sofort damit beginnen würden, alles zu tun, was wir können um die Probleme zu beheben.

Diese Probleme zu ignorieren, ist keine Option. Ich denke aber auch, dass ein direkter Angriff auf diese Probleme ebenso zum Scheitern verurteilt ist. Es gibt bereits Menschen, die das versuchen, aber scheinbar machen sie kaum Fortschritte. Sie verlangsamen den Verfall etwas, aber sie sind weit davon entfernt ihn umzukehren. Es gibt zu viel Widerstand und bis dieser effektiv überwunden werden kann, haben wir den Umkehrgrenzpunkt (“point of no return”) längst überschritten.

Betrachten wir etwas simples—wie die Ernährung. Die Konsequenzen für die Umwelt durch die typische amerikanische Ernährung (SAD—Standard American Diät) sind verheerend. Zu sagen, dass sie Ressourcen verschwendet und die Umwelt vermschutzt, ist eine krasse Untertreibung. Die Regierung der USA subventioniert das Meiste, was die wahren Kosten verschleiert. Man benötigt 18-mal so viel Fläche um jemanden zu versorgen, der sich nach der SAD ernährt, verglichen mit jemanden, der eine vegane, pflanzenbasierte Ernährung vorzieht. Wenn jemand, der nach SAD isst, nur für einen Tag vegan essen würde, dann würde er dadurch mehr Wasser einsparen als er in einem Jahr durch Duschen verbraucht. Die Entscheidung einen Burger zum Mittag zu essen, ist nicht nur eine Frage der Gesundheit—es ist auch eine umwelttechnische und politische Entscheidung. Genaugenommen ist praktisch alles, wofür man sich vielleicht in seinem Leben umwelttechnisch und politisch einsetzt, irrelevant, verglichen mit der täglichen Entscheidung, was man isst. Man könnte sein ganzes Leben Greenpeace widmen und würde nur einen winzigen Bruchteil dessen beitragen, was man als ein ressourcen-verschwendender Playboy erreichen würde, der zufälligerweise Vegetarier ist.

Jedoch sind sich nur wenige Menschen der Langzeitkonsequenzen ihrer Handlungen bewusst, weil ihnen ihr “Wissen” von Marketingexperten eingetrichtert wird. Sie vertrauen auf den sozialen Kontext anstatt für sich selbst zu denken. Mit der SAD-Ernährung werden Milliarden verdient und es schadet den Konzernen keineswegs finanziell, wenn man ein paar Bäume am Wegesrand pflanzen will oder etwas Müll wegräumt um sich gut zu fühlen—solange man schön weiter Burger in sich reinstopft. Aber wehe, man greift die Ernährung an, die sie reich macht. Dann wird man mit Marketing überschüttet, bis man nachgibt.

Ich könnte den ganzen Tag über dieses Thema schreiben, aber das wurde schon an anderer Stelle getan. Die durchschnittliche Person wird ihm schlicht aus dem Weg gehen und der Teil, der gelesen wird, den will man nicht wahrhaben oder ignoriert ihn. Die Menschen müssen den nötigen Antrieb haben um danach zu suchen—weil sie wirklich wissen wollen, was vor sich geht. Aber die wenigsten haben zurzeit den Mut und die Disziplin dafür.

Ich sehe die Lösung nicht darin, mehr Zeit und Energie darauf zu verwenden, solche Themen direkt anzugehen. Wenn ich das versuchen würde, dann würden mich diejenigen—mit starkem finanziellem Interesse das aktuelle Glaubenssystem aufrechtzuerhalten—nur mit Marketing übertrumpfen. Wie falsch das System auch sein mag. Ich könnte zum Beispiel mein ganzes Leben mit dem Kampf gegen das Rauchen verbringen, aber im Endeffekt wird es kaum einen Unterschied machen— vielleicht überzeuge ich eine ansehliche Zahl an Menschen, damit aufzuhören, aber viele weitere werden inzwischen Raucher werden und viele, die aufhören, werden sich einfach ein anderes Laster als Ersatz zulegen. Insgesamt gesehen, wird es also nicht viel Unterschied machen. Mein Widerstand wird einfach mit noch stärkerem Widerstand beantwortet. Ein Kraftakt wird scheitern.

Also was ist die Lösung?

Die beste Lösung, die mir einfällt, ist die Arbeit am menschlichen Bewusstsein an sich um mehr Menschen dabei zu helfen, die Vorteile zu erkennen und die Hindernisse zu umschiffen, die auf ihrem Weg zu bewusstem Wachstum auftreten können. Ich glaube nicht, dass dafür eine biologische Veränderung nötig ist— eher eine Verlagerung zur Noosphäre hin. Ich denke, wir haben bereits die biologischen Fähigkeiten um die Probleme dieses Planeten beheben zu können— wenn sie denn überhaupt lösbar sind—aber es mangelt uns zurzeit an Bewusstheit, Disziplin und Mut um uns als Spezies zu erheben und die persönliche Verantwortung dafür zu übernehmen, das Richtige zu tun. Die meisten Menschen würden lieber eine Illusion leben, als Zeit damit zu verbringen, darüber nachzudenken, welchen bestmöglichen Beitrag sie in ihrer Lebenszeit leisten könnten. Aber ich glaube, ich kann helfen, das zu ändern. Eine große Zahl weiterer Menschen scheint zu einem ähnlichen Schluss zu kommen.

Ich stelle mir vor, dass das Einpflanzen und Stärken der Saat für bewusstes, persönliches Wachstum in die Noosphäre, das absolut Beste ist, was ich mit meiner Lebenszeit anfangen kann—in Zusammenarbeit mit anderen Menschen, die ähnliche Missionen verfolgen.

Es ist fast lächerlich, wie viel ungenutztes Potenzial in uns Menschen schlummert. Wenn wir die Anerkennung dieses Potenzials voranbringen und das durchschnittliche Niveau des menschlichen Bewusstseins anheben können, dann werden mehr und mehr Leute “erwachen” und damit beginnen, sehr viel bewusster und mutiger zu leben. Sie werden damit beginnen, destruktive Gewohnheiten fallen zu lassen und positivere aufzunehmen. Sie werden damit beginnen, einen bedeutungsvollen Sinn und Zweck für ihr Leben zu finden und auf ihrem Weg dorthin weitere Menschen ermutigen, das Gleiche zu tun. Sie werden aufhören in Angst vor ihrem eigenen Schatten zu leben und Zeit mit Trivialitäten zu verschwenden. Und diese “aufgerüsteten” Menschen, die mehr bewusst und mutiger leben, werden eine deutlich bessere Chance haben, die größten Probleme der Menschheit zu lösen und die größten Risiken, die uns bedrohen, managen zu können.

Meine Mission ist also zu Ermutigen und Menschen dabei zu helfen, ihr persönliches Wachstum voranzutreiben, damit sie eine Weg raus aus der stillen Verzweiflung und hin zu einem Leben voll Mut, Sinn und Verantwortung finden. Mir ist bisher kein besserer Beitrag als das eingefallen, dem ich mein Leben widmen könnte.

Für mich ist diese Mission auch tief mit meinem eigenen Streben nach persönlichen Wachstum verflochten. In dem ich an mir selbst arbeite, vergrößere ich auch meine Kapazität, anderen helfen zu können. Und indem ich anderen helfe, mehr bewusst und gewissenhafter zu werden, schaffe ich auch eine Umgebung, die wieder mein eigenes Wachstum verstärkt und dabei hilft mich von den Kräften zu isolieren, die versuchen, mich wieder in ein wenig-bewusstes Leben zurück zu ziehen.

Aktuell manifestiere ich diese Mission in Form von Artikeln, anderen Beiträgen im Social Web und einem “Buch”. Mein Plan ist, das im nächsten Jahrzehnt weiter auf verschiedene Medien auszubauen: Artikel, Bücher, Audio-Programme, Reden, Seminare, usw. Darüber hinaus stelle ich mir vor, eine gewisse formale Organisation aufzubauen, die Menschen dabei hilft, bewusst zu wachsen und ihren Mut, ihre Disziplin und ihr Bewusstsein auszubauen und zudem ein Forum für Menschen bietet, die gern andere kennenlernen möchten, die ähnliche Missionen haben.

Eine Herausforderung ist, herauszufinden, wie man in der aktuellen Noosphäre lebt, während man daran arbeitet, eben diese zu verändern. Man muss sich darauf verlassen, dass das aktuelle ökonomische System die nötigen, grundlegenden Bedürfnisse erfüllt. Meine Lösung hierfür ist es, mein Einkommen so weit wie nur möglich zu systematisieren und automatisieren, damit ich die Freiheit habe, höhere Ziele und Projekte zu verfolgen und nicht für meinen Lebensunterhalt zu viel Zeit und Energie investieren muss. Ich habe noch ein paar andere Ideen, die die Situation noch weiter verbessern sollten.

Ich sehe die Lösung von sozialen/globalen Problemen allerdings nicht als das Hauptziel an. Ich denke, dass das hauptsächlich ein Nebeneffekt von persönlichem Wachstum sein wird, nicht der Sinn des Wachstums an sich. Ich sehe das Streben nach mehr Mut und Bewusstsein, sowie besserem Gewissen, als das eigentliche Ziel an sich an. Jedoch wird dieses Streben viele Probleme auf dem Weg (sozusagen nebenbei) lösen und das ist oft leichter, als manche Probleme direkt anzugreifen. Zum Beispiel kann man Probleme, wie Übergewicht, Nikotinsucht und unbefriedigende Beziehungen direkt angehen und dabei durch die Bank weg nur sehr wenig Fortschritte machen. Aber wenn man daran arbeitet, seinen Mut, sein Bewusstsein und seine Selbstdisziplin zu entwickeln, dann werden sich diese Probleme von selbst lösen—tatsächlich werden sie fast schon trivial leicht.

In sein eigenes Wachstum zu investieren, ist das beste Investment überhaupt. Man darf nicht für eine Minute glauben, dass es ein selbstsüchtiges Streben ist. Im Gegenteil—es ist tatsächlich das Beste, was man machen kann um anderen helfen zu können. Wenn man das Gefühl hat, dass man zurzeit in seinem Leben nicht viel beiträgt, dann sollte man sich nicht selbst deswegen fertig machen oder abstreiten, was zu wem man werden könnte, wenn man nur stark genug wäre. Stattdessen sollte man in sich gehen und an sich arbeiten, bis man innerlich zu der Person wird, die automatisch Gutes tut, weil es ein Ausdruck ihrer selbst ist.

Überwinde deine Angst und der Rest ist einfach.

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